Deutschland altert regional sehr unterschiedlich. Während in vielen ländlichen Regionen eine immer älter werdende Bevölkerung lebt, wird sie in vielen größeren Städten eher jünger.
Das lässt sich ablesen am Medianalter, das die Bevölkerung in zwei gleich große Hälften. Die eine Hälfte ist älter als das sogenannte Medianalter, die andere Hälfte ist jünger. Diese Kennzahl erweist sich robuster gegenüber Ausreißern als das Durchschnittsalter und wird deshalb in dieser kurzen statistischen Untersuchung verwendet.
Betrachtet man das Medianalter in den Bundesländern, so wird sofort deutlich, dass dieses in den drei Stadtstaaten abnimmt und in den 13 Flächenländern zunimmt. So stieg es in Brandenburg am stärksten an: von 48,1 Jahren (2011) um 2,1 Jahre auf 50,2 Jahren (2017). In Berlin sank das Medianalter am stärksten von 43,1 Jahre in 2011 um 1,7 Jahre auf 41,4 Jahre in 2017. Auch der Unterschied zwischen dem „jüngsten“ und dem „ältesten“ Bundesland ist beeindruckend. So sind die Menschen 2017 in Sachsen-Anhalt (50,7 Jahre) durchschnittlich fast 10 Jahre älter als in Hamburg (41,0 Jahre).
Entwicklung in den Kreisen und kreisfreien Städten
Für einen weiteren Überblick können gut die Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland betrachtet werden. Da der Landkreis Göttingen im Jahr 2011 noch nicht bestand, wird er aus diesem Überblick ausgeschlossen und nur die anderen 403 Kreise und kreisfreien Städte (inklusive Berlin und Hamburg) berücksichtigt. Wenn man hierbei die Differenz der Medianalter 2011 und 2017 bildet und dann die Kreise und kreisfreien Städte nach der Größe dieser Differenz ordnet, ergibt sich auch hier ein eindeutiges Bild. So existieren 29 kreisfreie Städte, welche sich in dem Zeitraum von 2011 bis 2017 um mindestens ein Jahr verjüngten. Jedoch schaffte es kein einziger Landkreis sein Medianalter um ein Jahr zu senken. In dieser Rangfolge befindet sich als erster Landkreis Gießen auf Platz 37 und beherbergt mit der Stadt Gießen eine Universitätsstadt – was prinzipiell als Motor einer Verjüngungstendenz durch den Zuzug jüngerer Bevölkerung gewertet werden darf.
Generell nimmt in 66 kreisfreien Städten und drei Landkreisen das Medianalter ab. Die Bevölkerung wird hier also jünger. In vier kreisfreien Städten und einem Landkreis bleibt das Medianalter im Vergleich der beiden Jahre unverändert.
Andererseits nimmt das Medianalter in den meisten Landkreisen zu. Wenn man sich also das andere Tabellenende anschaut, so findet sich erst auf Platz 91 mit Suhl eine kreisfreie Stadt. Dies bedeutet, dass das Medianalter in insgesamt 90 Landkreisen stärker zunimmt als in der Kategorie der kreisfreien Städte, wobei Suhl das höchste Medianalter aller kreisfreien Städte und Landkreise 2017 mit 54,3 Jahren aufwies. Und dennoch ist das Medianalter in den meisten kreisfreien Städten deutlich geringer als in den Kreisen. So lag es 2017 in Heidelberg gerade einmal bei 36,3 Jahren. Somit war die Bevölkerung in Heidelberg durchschnittlich 18 Jahre jünger als in Suhl.
Entwicklung auf Gemeindeebene
Es lässt sich festhalten: Städte werden eher jünger, ländliche Regionen älter. Dieses Bild verfestigt sich, wenn man sich die Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern anschaut.
Unter den 42 Kommunen, die von 2011 bis 2017 eine Zunahme des Medianalters um dreieinhalb Jahre oder mehr zu verbuchen hatten, sind lediglich sieben Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von über 10.000 Einwohnern. Mehr als 25.000 Einwohner hat keine dieser stark alternden Gemeinden. Als erste Kommune mit mehr als 50.000 Einwohnern rangiert Unna auf Platz 376 mit einer Alterung von 2,8 Jahren im Zeitraum von 2011 bis 2017. Andererseits werden vor allem größere Städte jünger.
Solche und andere interessante Auswertungen sind mit den Daten des Wegweisers Kommune möglich. Der Wegweiser Kommune stellt für alle Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern für die Jahre 2006 bis 2017 Daten zu den Themenbereichen Bildung, Demographischer Wandel, Finanzen, Integration, Nachhaltigkeit, Pflege, Soziale Lage sowie Wirtschaft und Arbeit bereit.
und wieder gilt die alte These, dass jeder Kommune eigene Lösungen entwickeln muss – möglichst unter Beteiligung der dort lebenden Menschen, wie dies z. B. hier skizziert wird https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/abgeschlossene-projekte/workshops-fuer-kommunen/projektthemen/seniorenpolitik/
Städte und Gemeinden wollen für ihre Einwohnerinnen und Einwohner möglichst attraktiv sein. Aber was ist für die Attraktivität einer Stadt eigentlich wichtig? Und wie viele Attraktivitätspunkte erhält die eigene Stadt? Um das herauszufinden wurde in der Universität ein Online-Instrumentarium entwickelt, mehrfach erprobt und angewendet. Es funktioniert.
Nähere Infos dazu gibt es hier:
https://fokos.de/projekt/attraktivitaet-von-staedten-und-gemeinden/
vielen Dank an Frank Luschei! Für kommunale Akteure – und nicht nur für diese – wäre sicher interessant, wie sie dieses Instrument nutzen können und ob es schon ausreichende Vergleichsdaten anderer Kommunen gibt.
Für die Nutzung kann man ein Projekt mit der UNI Siegen durchführen.
Im ersten Schritt wird dann gemeinsam mit der Kommune geklärt, was man eigentlich im Rahmen der Online-Erhebung von seinen Bürgerinnen und Bürgern wissen will. So gab es eine Kommune, die speziell eine Einschätzung zur Pflegeinfrastruktur in der Stadt von ihren Einwohnern einholen wollte. Hierin ist bereits ein wichtiges Merkmal des Projektes beschrieben: Die kommunale Debatte darüber, was für uns (die Kommune) wichtig ist und welche Informationen man für die Weiterentwicklung der Kommune braucht.
Im Rahmen eines Projektes wird dann ein angepasstes Instrumentarium zusammengestellt, die Bürgerinnen und Bürger befragt, die Daten ausgewertet und die Ergebnisse vorgestellt. Alles Elemente aktiver Kommunalgestaltung.
Der Vergleich mit (12) anderen Kommunen steht gar nicht im Zentrum der Betrachtung, sondern die Einholung der Wünsche und Erwartungen der eigenen(!) Bürgerinnen und Bürger und dann der Abgleich mit der Einschätzung der Attraktivitätspunkte eben dieser Bürgerinnen und Bürger. Aus der Differenz beider Einschätzungen lässt sich dann der Interventionsbedarf in der eigenen Kommune ableiten. Die Vergleichsdaten aus 12 Kommunen zeigen, dass die Ansprüche der Einwohner vor Ort sehr unterschiedlich sein können. Das Ganze ist zwar nicht ganz kostenfrei, beginnt aber im niedrigen fünfstelligen Bereich.
Das Instrumentarium kann man auch ausprobieren, um sich ein genaueres Bild zu machen:
http://kommunal-monitoring.de/limesurvey33/index.php/222331?lang=de
Es gibt auch mehrere Abschlussberichte mit den Ergebnissen verschiedener Kommunen, aus technischen Gründen auf meiner privaten Homepage:
http://www.luschei.de/index.php/publikationen
Bei Interesse stehen wir per Mail unter frank.luschei@uni-siegen.de gern zur Verfügung