Der Sommer ist lang und heiß. Da geht Manches unter. So auch die jüngste Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zu den kommunalen Haushalten. Das hat die Rechnungsstatistik nicht verdient, zumal eine Rubrik ganz besonders im Fokus steht: die Sozialausgaben. Seit Jahrzehnten sind sie eines der Kernprobleme für Städte und Kreise. Warum? Sie steigen beharrlich, sind kaum steuerbar, verdrängen andere Ausgaben und belasten vor Allem die strukturschwachen Kommunen. In vielen Fällen führten sie direkt in die Haushaltskrise.
2016 – Eine Schallmauer wird durchbrochen
Die Ausgabenentwicklung kennt nur eine Richtung. Seit 2003 haben sich die Sozialausgaben verdoppelt. Im Schnitt ist dies ein Anstieg von sechs Prozent pro Jahr. Eine Zahl, die jedem Kämmerer Sorgen bereitet. Und eine Zahl, die all die Populisten Lügen straft, die tagtäglich den Abbau des Sozialstaates testieren. 2016 wurde nun eine Zahl erreicht, die man wohl historisch nennen kann.
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Was steckt dahinter?
Hinter dem Begriff „Kommunale Sozialausgaben“ verbirgt sich ein bunter Katalog ganz unterschiedlicher Aufgaben. Ausführlich haben wir dies hier einmal aufgeschrieben. Kurz gesagt fallen in die Kategorie Sozialhilfe primär die Grundsicherung für Rentner und die Hilfen für Behinderte. Kita ist im eigentlichen Sinne als Sozialleistung falsch verortet, wird aber aus historischen Gründen hier verbucht. Daneben gibt es in der Jugendhilfe die Erziehungshilfe und Jugendarbeit. In Bezug auf Hartz IV zahlen die Kommunen vor allem die Wohnkosten. Im Bereich Asyl tragen sie Versorgung, Wohnung und Geldleistungen.
Die meisten dieser sozialen Leistungen sind dynamisch. Dafür gibt es viele Gründe: Die Sozialhilfe steigt aus demografischen Gründen. Der Kita-Ausbau ist gesellschaftlich gewollt. Der Anstieg der Asylausgaben ist zwangsläufig und erklärt die großen Sprünge 2015 und 2016. In der Jugendhilfe spielen sich Dramen ab, mit denen sich unser Projekt „Kein Kind zurücklassen“ beschäftigt. Ein Ausreißer in diesem ganzen Thema ist Hartz IV. Hier entspricht der Anstieg im Grunde nur der Inflation der Mieten und ist weit unterdurchschnittlich. Ohne die Migrationseffekte der letzten Jahre wären die Ausgaben sogar nominal gesunken.
Es gibt auch positive Nachrichten…
Das Problem ist allseits bekannt. Es wurde oft beschrieben. Lösungsideen gibt es und manche wurden auch umgesetzt. In den letzten Jahren haben Bund und Länder begonnen, einen wachsenden Teil der kommunalen Sozialausgaben zu erstatten. Das erfolgt auf ganz unterschiedlichen Wegen und geht oft in der Statistik und dem kommunalen Bewusstsein unter.
Hervorzuheben sind zumindest drei Felder: Für Kita-Ausbau und Betrieb wurden seit 2007 etliche Milliarden mobilisiert. Keiner weiß genau, wie viele. Die Grundsicherung für Rentner erstattet der Bund seit 2014 komplett. Im Bereich Asyl zeigte sich der Bund ausgabefreudig wie nie zuvor. In der Summe wurden bundesweit rund 44% der kommunalen Sozialausgaben
durch Bund oder Länder erstattet. 2011 waren es erst 36%.
…. aber die Risiken bleiben
Auf den ersten Blick stimmt es auch positiv, dass die Steuereinnahmen in ungeahntem Tempo steigen. Dies führt dazu, dass der Ausgabenanteil für Soziales trotz aller Dynamik bei 40% der Haushalte stagniert. Darauf sollte sich aber Niemand ausruhen. Denn das Wachstum der Steuereinnahmen wird sich konjunkturbedingt verlangsamen. Das Wachstum der Sozialausgaben nicht. Neue Haushaltsdefizite sind dann unvermeidlich.
Noch gefährlicher als die Konjunktur ist aber die Politik. Die guten Steuereinnahmen der letzten Jahre sind Nährboden für sozialpolitische Wunschträume aller Arten. Der Umbau der Eingliederungshilfe ist ein solches Projekt, das unweigerlich zu sprunghaft steigenden Kosten führen wird. Der um sich greifende Verzicht auf Kita-Gebühren ist vollkommen unnötig und reißt anderweitig neue Löcher. Der Ausbau der Ganztagsschulen soll den Kommunen übertragen werden. Und Migration haben wir noch immer nicht im Griff. Risiken aller Orten. Der Anstieg der Sozialausgaben wird weitergehen.
Foto: Alexis Fotos/pixabay.com, CC0
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