Europas Bürger sind sich näher gekommen. Eine Schlüsselrolle in diesem Prozess haben die Städtepartnerschaften, allen voran die 2.200 deutsch-französischen gespielt, die Europa abseits der politischen Bühne zum Leben erwecken.
Dass dieses Modell die europäische Zusammenarbeit auch in Zeiten von Wirtschaftskrisen und Europaskepsis lebendig hält, zeigt eine Studie, die die Bertelsmann Stitung gemeinsam mit dem Deutsch-Französischen Institut (dfi) erstellt hat. Für die Studie haben 1.322 Städte und Kommunen in Deutschland und Frankreich an einer Umfrage zu ihrer Städtepartnerschaft teilgenommen.
Europa mal ganz nah erleben
Rund drei Viertel der Befragten bewerten die Beziehungen zur Partnerstadt als sehr gut und geben an, dass die Partnerschaften in ihren Verwaltungen einen hohen Stellenwert besitzen. Am häufigsten besteht der Austausch in Form regelmäßiger Reisen anlässlich von Festen und Veranstaltungen, die in 77 Prozent aller Partnerschaften stattfinden, sowie Schüleraustauschen (62 Prozent) und Musik- und Sportveranstaltungen (41 und 44 Prozent).
Auffallend ist: Die Städtepartnerschaften erreichen durch Freizeitangebote wie Sport oder Kulturprogramme viele Jugendliche und breite Bevölkerungsgruppen, die im Alltag oftmals kaum Berührungspunkte mit Europapolitik haben.
Partnerschaften bilden Brücken zu europäischen Nachbarn. Sie schaffen ein dichtes Beziehungsgeflecht zwischen den europäischen Staaten auf lokaler Ebene, jenseits der diplomatischen Beziehungen. Sie sind eine Brücke der Verständigung, aber drüber gehen müssen die Menschen. Sie sind also eine Einladung an die Menschen, sich mit anderen Menschen zu beschäftigen. Es ist besser miteinander als übereinander zu sprechen. Das kann Europa in der heutigen Zeit nur gut tun.
Ein lebendiges Instrument aber Sorge um Nachwuchs
Auch wenn sich die Rahmenbedingungen für die Kommunalpartnerschaften in den vergangenen Jahrzenten mit dem Aussöhnungsprozess, dem europäischen Integrationsprozess und der Globalisierung massiv verändert haben, geben knapp zwei Drittel der befragten Kommunen an, dass ihre Partnerschaft stabil ist oder an Intensität gewonnen hat. Dennoch sorgen sich viele Teilnehmer der Studie um den ausbleibenden Nachwuchs für ihre Programme. Die Generation der über 60-Jährigen stellt mit 40 Prozent die größte Teilnehmergruppe. Fast genauso viele kommen aus der Altersgruppe der 30- bis 60-Jährigen. Knapp ein Viertel ist jünger als 30. Mehr als 80 Prozent der Befragten wünschen sich mehr aktive Bürger für die Städtepartnerschaften.
Fazit: Vorhandene Basis stärken, Anerkennung und Sichtbarkeit erhöhen
Die Umfragewerte zeichnen insgesamt ein ermutigendes Bild, aber es muss auf allen Ebenen dafür gesorgt werden, dass dieses Engagement nicht einschläft, sondern weiter wächst.
Was kann dafür konkret getan werden? Ziel muss es sein, die Kommunalpartnerschaften zu ermutigen, ihre vorhandenen Potenziale besser auszuschöpfen. Sie sind Teil eines großen Netzwerks an lokalen Beziehungen zwischen Städten und Kommunen in Europa und erbringen einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung eines Europas der Bürger. Städtepartnerschaften sind überlebensfähig, wenn sie möglichst breit in der Politik und in der Bevölkerung verankert sind. Dafür brauchen sie mehr Anerkennung und Sichtbarkeit. Von der Politik benötigen sie Anerkennung, und dies nicht nur lokal. Außerdem brauchen sie mehr Sichtbarkeit vor Ort. Ihr Bekanntheitsgrad muss gesteigert werden, um den Bürgern aufzuzeigen, welche Möglichkeiten ihnen eine Städtepartnerschaft bieten kann.
Die Ergebnisse der Studie sind auf Deutsch und Französisch verfügbar.
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