Der G20-Gipfel in Hamburg ist vorbei und er wird mir in mehrfacher Hinsicht in Erinnerung bleiben.
Zunächst sind da die Bilder brennender Barrikaden, eines demolierten Schanzenviertels, fast 500 verletzte Polizisten und ein Erster Bürgermeister in Erklärungsnot. Es ist eben doch nicht zu vergleichen, ob man die mächtigsten Staatschefs der Welt in einer deutschen Großstadt beherbergt, oder ob man den jährlichen Hafengeburtstag feiert. Die Schäden in vielstelliger Millionenhöhe lassen sich regulieren und beseitigen – „Hamburg räumt auf“ hat in beeindruckender Weise gezeigt, wie schnell und konsequent aufrechte Hanseaten in der Lage sind, ihre stolze Stadt zurück zu erobern. Aber trotzdem ist eine Metropole wie Hamburg mit 1,86 Millionen Einwohnern als Austragungsort für ein solches Ereignis vielleicht eher ungeeignet. Es scheint dringend geboten, sich andere, neue Formate auszudenken, in denen sich Staatsspitzen austauschen können. Ohne dabei eine ganze Großstadt in Geiselhaft zu nehmen.
Was hat der G20-Gipfel inhaltlich gebracht?
Niemand hat im Ernst geglaubt, dass sich der amerikanische Präsident ausgerechnet an der Elbe umstimmen lässt und nun auf einmal doch den Klimavertrag von Paris unterstützt. Ohnehin hatten – einer repräsentativen Umfrage im Vorfeld des Gipfels zufolge – nur rund 10 Prozent der Bevölkerung konkrete Resultate, auch hinsichtlich des Klimaschutzes, erwartet. Insofern ist das Ergebnis, das jetzt verkündet wurde, durchaus passabel: Die verbleibenden 19 Staaten sichern zu, das Klimaschutzabkommen nun umso vehementer umzusetzen. Die „G19“ bezeichnen die Klimavereinbarung von 2015 als „unumkehrbar“ und nehmen einseitiges Aufkündigen demonstrativ „zur Kenntnis“. Grund genug für UN-Generalsekretär Guterres, den Gipfel als Erfolg zu bewerten. Hinzu kommt: Der Gipfel hat einen detaillierten Klima- und Energieaktionsplan auf den Weg gebracht, der langfristige Klimaschutzstrategien der Staaten einfordert. Das ist neu für die G20 und alles andere als selbstverständlich. Nach dem US-Rückzug hätten durchaus auch andere Staaten ihren Kurs beim Klimaschutz ändern können. Am Ende war es einzig der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der nach dem Gipfel erklärte, sein Land werde das Abkommen von Paris nicht umsetzen.
Klimaschutz braucht Zeit
Hamburg hat einmal mehr gezeigt: Klimaschutz ist eine zeitintensive Angelegenheit. Die Vereinten Nationen haben mit der Verabschiedung ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) einen Zeithorizont bis zum Jahr 2030 ins Auge gefasst. Kein allzu langer Zeitraum mehr, um die anspruchsvollen Ziele zu erreichen. Aber die Zeit drängt. Wie die Fachzeitschrift „Scientific Reports“ berichtet, gibt es einen raschen Wandel von einer ganzjährigen Eisbedeckung im Nordpolarmeer hin zu einem im Sommer in weiten Teilen eisfreien arktischen Ozean binnen weniger Jahrzehnte. Und, um beim Schutz der Meere zu bleiben: Wenn wir nicht rasch umsteuern, laufen wir Gefahr, dass sich bereits 2050 mehr Plastikmüll in den Weltmeeren tummelt als Fische.
Kommunen als Schrittmacher
Die Vereinten Nationen haben das Thema „Nachhaltigkeit“ mit den SDGs im ganzheitlichen Sinn auf der Agenda – ökonomische, ökologische, soziale und Governance-Aspekte umfassend.
Auch an dieser Stelle sind es die Kommunen in Deutschland, die das Thema beherzt anpacken und Lösungsansätze entwickeln. Bereits heute haben mehr als 60 von ihnen die Musterresolution des Deutschen Städtetages „2030 – Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ unterzeichnet. Darin gehen sie unter anderem die Verpflichtung ein, sich für nachhaltige Entwicklung konkret zu engagieren und eigene Maßnahmen nach innen und außen sichtbar zu machen. Und sie bekennen, „dies in einem breiten Bündnis gemeinsam mit den lokalen Akteuren und den Bürgerinnen und Bürgern voranzutreiben.“
Dies zeigen auch die Konzepte der nominierten Städte und Gemeinden für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2017, der Anfang Dezember verliehen wird. Die nordrhein-westfälische Stadt Bottrop beispielsweise setzt in beeindruckender Weise auf innovative Maßnahmen im Klimaschutz und in der Ressourcenschonung. Trotz schwieriger Haushaltslage begegnet sie aktiv dem Klimawandel und treibt die Energiewende voran. Die Vorreiterrolle der Landeshauptstadt Hannover in Sachen Nachhaltigkeit zeigt sich unter anderem in einer klimaneutralen Stadtverwaltung. In der Studentenmetropole Heidelberg ist Klimaschutz ein integraler Bestandteil der Stadtentwicklung. Seit 2008 entsteht dort die weltweit größte Passivhaussiedlung. Herten wiederum gestaltet das Erbe seiner Bergbauvergangenheit neu, indem – ebenfalls trotz prekärer Haushaltslage – der Klimaschutz vorangetrieben wird. Die „Grüne Stadt“ vereint hohe Lebensqualität mit den Herausforderungen des Strukturwandels.
Erfolgsfaktoren
Die im OB-Dialog „Nachhaltige Stadt“ des Rates für Nachhaltige Entwicklung engagierten Verwaltungschefs werden völlig zurecht nicht müde zu betonen, dass Nachhaltigkeit eine Querschnittsaufgabe – Chefsache eben – sei und man unter anderem einen ausgeglichenen Haushalt und Schuldenabbau in den Blick nehmen müsse. Nur so lässt sich eine „enkelgerechte Zukunft“ in den Städten und Gemeinden sicherstellen.
Das Allerwichtigste aber: Nachhaltigkeit muss vom Menschen her gedacht werden. Und deshalb beginnen Klimaschutz und Nachhaltigkeitsmanagement in den Kommunen – dort, wo die Menschen leben!
Kommentar verfassen