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15. Mai 2020

Stärkt Corona den Öffentlichen Gesundheitsdienst?

Die schnelle Identifizierung, Testung und Versorgung von Coronainfizierten zählen zu den wichtigen Maßnahmen im Kampf gegen Corona und hier setzt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auch auf  den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD).

50 Millionen Euro werden für die bundesweit 375 Gesundheitsämter bereitgestellt, im Robert Koch-Institut (RKI) wird eine Kontaktstelle für den ÖGD eingerichtet, zudem soll die Arbeit des ÖGD auch stärker digital unterstützt werden.

Sind dies nachhaltige Maßnahmen und was können kommunale Akteure zur Stärkung des ÖGD tun?

 

Digitalisierung ist eine große Chance

Folgender Ablauf soll auch 2020 immer noch Realität in unseren Gesundheitsämtern sein: „Bei einem Menschen wird ein Abstrich genommen. Anschließend wird die Probe ins Labor geschickt. Nach der Untersuchung befinden sich die Ergebnisse im elektronischen Speicher des Laborrechners. Von dort müssen sie per Hand auf Formulare übertragen werden, um sie dann per Fax an das Gesundheitsamt schicken zu können, in dessen Zuständigkeitsbereich der betroffene Mensch wohnt. Was dort aus dem Faxgerät rattert, wird wiederum neu erfasst, um es dann ans Robert Koch-Institut zu faxen. Mancherorts muss das Landesgesundheitsamt zwischengeschaltet werden. Eine mögliche Fehlerquelle reiht sich somit an die andere.“

Der Bund muss hier handeln und Faxgeräte durch digitale Kommunikationsmittel ersetzen und diese Maßnahme duldet keinen weiteren Aufschub.

 

Vielfältige Aufgaben und hoher Arbeitsdruck

Die Aufgaben des ÖGD sind vielfältig und durch die Coronakrise entstand zusätzlich ein deutlich erhöhter Arbeitsdruck, der schon vorher kaum zu bewältigen war. Die in 2019 deutlich gestiegene sexuelle Gewalt gegen Kinder ist nur ein Beispiel hierfür.

Der Öffentliche Gesundheitsdienst wird durch die geplanten Maßnahmen zwar kurzfristig unterstützt, aber ob dies eine nachhaltige Stärkung ist, wird vom Bundesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) bezweifelt. Viele Gesundheitsämter sind aufgrund fehlender Ärzte nicht mehr in der Lage, ihren Aufgaben nachzugehen, warnt der Bundesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD). Das bestätigen auch Umfragen  vom NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung, die zudem von fehlenden Rückmeldungen der Gesundheitsämter über ihre Corona-Kapazitäten berichten.

Auch niedergelassene Ärzte monieren die zunehmende Übernahme von ÖGD-Aufgaben, wie beispielsweise die Impfberatung oder Tauglichkeitsuntersuchungen für die Verbeamtung von Lehrpersonal.

 

Stellenbesetzung im ÖGD wird immer schwerer

Aufgrund der nicht konkurrenzfähigen Gehälter wird es zunehmend schwerer Stellen neu zu besetzen und dieses Problem wird sich mittelfristig verschärfen, denn in den nächsten fünf Jahren geht mehr als ein Drittel der Ärzte und Ärztinnen im ÖGD in den Ruhestand.

Der sich in den nächsten Jahren dramatisch verstärkende kommunale Fachkräftemangel ist aber nicht nur im ÖGD ein Problem. Dies hat die Bertelsmann Stiftung 2016 in einer Studie („Das berechenbare Problem? Die Altersstruktur der Kommunalverwaltungen.“) gezeigt.

 

Wie schaffen wir eine nachhaltige Stärkung des ÖGD?

Wichtig wäre Transparenz über Quantität und Qualität des Personals im ÖGD möglichst auf Landkreisebene. Zudem fehlen bundesweite Vorgaben oder Bemessungszahlen, wie viele Mitarbeiter es pro 1000 Einwohner geben sollte.

Entscheidend wird aber eine deutlich bessere Bezahlung sein. Hierzu sind die kommunalen Spitzenverbände einzubinden, um die kommunalen Arbeitgeber zu sensibilisieren.

Kommunen können darüber hinaus attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen für die Familien potenzieller Kandidat*innen schaffen. Bei dem sich verstärkenden Fachkräftemangel gilt es für jede Kommune individuell wirksame Lösungen zu finden.

Bei kurzfristigen Arbeitsspitzen gilt es Aufgaben zu delegieren, denn nicht alles muss von Ärzten gemacht werden und Umbesetzung von Personal, die Nutzung von „Containment-Scouts“ des RKI oder der Bundeswehr sind weitere mögliche Schritte.

 

Bildnachweis: Wolfgang Wähnke, Bertelsmann Stiftung

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