Wenn ein Mann seine geliebte Frau mit einem Kissen erstickt, weil er nicht weiß, wie es weitergehen soll oder eine Tochter ihre geliebte Mutter anschreit: „Wann stirbst du endlich!?“, wie kürzlich im Bremer Tatort geschehen, dann ist es schwer, zur Tagesordnung überzugehen.
Nicht nur wer sich beruflich mit dem Thema Pflege beschäftigt, weiß, dass Angehörige oftmals durch die Pflege physisch, psychisch und auch finanziell überfordert sind.
Die Pflege durch Angehörige dominiert immer noch mit großem Vorsprung vor allen anderen Möglichkeiten. Inzwischen gibt es aber immer mehr Singlehaushalte ohne familiäres Pflegepotenzial oder Ältere haben weniger bzw. keine Kinder. Die steigende Erwerbsquote – vor allem auch bei Frauen-, und die größere Mobilität von Arbeitnehmern erschweren zusätzlich zur demographischen Entwicklung eine ausreichende Pflege alter Menschen.
Damit verbunden ist aber auch die Erkenntnis, dass wir dringend eine grundlegende Pflegereform benötigen. Klar ist auch, dass das Sofortprogramm der GroKo mit 8000 neuen Pflegefachkräften nicht ausreichen wird. Die Bertelsmann Stiftung hat vor einigen Jahren bis 2030 eine Pflegelücke von 500.000 Vollzeitstellen in der Langzeitpflege prognostiziert. Schon jetzt ist die Pflegelücke beträchtlich und Pflegeberufe zeichnen sich durch zu geringe Bezahlung, viele Teilzeitjobs, befristete Arbeitsverträge oder zu viele Überstunden aus.
Deshalb verwundert es auch nicht, wenn die Stellenausschreibungen für Pflegekräfte gegenüber allen anderen Berufen dominieren. Hierzu passen auch die sehr hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Altenpflege.
Inzwischen sind die gravierenden Missstände in der Pflege auch empirisch belegbar und so verwundert es nicht, dass in einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage der Caritas im Januar 2018 Pflege das wichtigste politische Thema war.
Wo liegen die Lösungen? In einem reichen Land wie Deutschland benötigt das Pflegesystem dringend mehr Geld! In den skandinavischen Ländern sind die Pro-Kopf-Ausgaben für Pflege deutlich höher und entsprechend besser sind dort auch die Bedingungen für das Pflegepersonal und die zu pflegenden Menschen.
Aber auch auf kommunaler Ebene gibt es Handlungsoptionen:
Hilfreich ist eine Datenanalyse (wie sieht die Situation aktuell und künftig aus? Was gibt es und was brauchen wir in den Quartieren?). Hierzu gibt es auf kommunaler Ebene Daten in unserem Wegweiser, die aber durch Quartierserhebungen ergänzt werden sollten. Hilfreich ist hier unsere Website Sozialplanung für Senioren oder die Angebote von erfahrenen Instituten.
Weitere Maßnahmen bestehen in der Vernetzung kommunaler Akteure und in der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Ihnen ist das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zunehmend wichtig. Kommunale Beratungs- und Entlastungsangebote für Pflegende sind ebenso hilfreich.
Dies alles sind Beispiele aus unseren Workshops für Kommunen, die zu einer besseren Lebensqualität in den Kommunen geführt haben.
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