Das Colab Internet und Gesellschaft war auf Tour vor Ort – in der Modellregion Wennigsen. Zur Erinnerung: zur Zeit läuft die 11. Initiative des CoLab zur #digitaleRegion auf Hochtouren. Die zweite Modellkommune Augsburg wird im September besucht. Im Netzwerk ist auch die Bertelsmann Stiftung mit dem Wegweiser Kommune eingebunden.
Ein Meilenstein ist der Reality-Check vor Ort. Was passiert, wenn die digitale Blase auf die Realität trifft – und vor allem, was sagen Bürger zur Digitalisierung?
Wir haben dazu die Bürgerinnen und Bürger auf der Straße in Wennigsen/Deister befragt. In der Region in der direkten Nachbarschaft zu Hannover leben rund 14.000 Menschen. Das Medianalter liegt bei 48,8 Jahren.
Innerhalb von einer halben Stunde waren 30 Fragebögen zur digitalen Region ausgefüllt. Viele Gespräche schlossen sich an.
Schnell wird klar: Die Menschen im Ort können mit den abstrakten Begriffen wie #digitaleRegion oder #Digitalisierung an sich gar nichts anfangen. Sie winken ab. Im Gegenteil, sie fragen zurück: Was meinen Sie denn überhaupt damit? Und dann sind es wir, die Digitalisierung erklären müssen.
Bitte konkret werden
Wenn es dann konkret wird, ist auch Digitalisierung im Alltag verankert und plötzlich greifbar. Bei der Frage „Haben Sie schnelles Internet zuhause?“ sind alle gleich im Bild. Dazu kann fast jeder etwas sagen. Ohne Unterschied in der Altersklasse: Fast ausnahmslos jeder nutzt es. Wir haben nicht nur die zahlreichen Schüler in der Mittgaspause befragt. Deren Wunsch formulierte sich unisono in schnellerem Netz (100.000erLeitung bitte!) und auch in einem flächendeckenden WLAN für den Ort. Die ältere Generation war noch eher zufrieden mit der Geschwindigkeit, doch ihnen ist klar: ohne Internet wird es künftig gar nicht mehr gehen.
Das Verständnis für Veränderungsprozesse dieser Art ist angekommen.
Demographie wirkt
Auch auf dem Radar ist: die Gesellschaft wird älter. In Wennigsen ist das spürbar. Die Bedarfe an digitalen Hilfsmitteln sind vorhanden, fast jeder im Gespräch thematisiert das. Weil wir vor einem Lebensmittelgeschäft stehen, entzünden sich die Diskussionen schon an der Logistik des Einkaufens im Alter. Sind die Einwohner der Stadt mobil, ist das kein Problem. Sinkt der Bewegungsradius jedoch, tauchen Bedarfe auf, insbesondere im ländlichen Raum mit größeren räumlichen Distanzen: Wie bekomme ich meine Einkäufe ins Haus? Die Vorstellung, dass künftig die Online-Bestellung möglich ist, finden viele gut. Sie möchten aber auf einen direkten Plausch im Ortskern auch nicht verzichten. Eine Nachbarschafts-App für gemeinsame Mobilität wäre hilfreich. Auch die kommunalen Dienstleistungen sollten gerne digital abrufbar sein, wenn man sich um ältere Angehörige kümmern muss. Diese Diskussionen holen viele in Wennigsen ab in ihrem Lebensalltag, den sie in einer eher ländlichen Gemeinde gestalten müssen.
Sprache und Verfügbarkeit
Aber auch kritische Stimmen sind dabei. Ein Aspekt taucht immer wieder auf. Die „Sprache“ zur Digitalisierung: Viele verstehen die Begriffe nicht – obwohl diese doch den Alltag der Menschen berühren. Sie fühlen sich dadurch abgehängt, sie haben keine Worte, digitale Trends zu beschreiben. Einige haben auch Angst, mit der Schnelligkeit der Entwicklungen nicht mehr Schritt halten zu können.
Sorgen bereiten auch die Vermischung von Arbeit und Beruf. Zwar steht der Vorteil des Arbeitens von zuhause aus im Vordergrund. Die Befürchtung, dann aber auch ständig verfügbar zu sein, steht an gleicher Stelle sehr weit oben.
Was in Wennigsen besonders bemerkenswert ist: Die Bevölkerung zeigt sich durchweg offen für Veränderung. Der Eindruck ist entstanden und geblieben, dass es der Stadt gelungen ist, die Menschen mitzunehmen in dem Prozess der Weiterentwicklung.
Hier eine kurze Einschätzung von Damian Paderta, Gerald Swarat, der die 11. Initiative leitet, Florian Apel-Soetebeer und Resa Mohabbat Kar. (Leider wollte kein Wennigser selbst vor der Kamera sprechen – das war dann zu viel Netz. Und die Jugendlichen haben wir ohne Erlaubnis der Eltern nicht aufnehmen wollen.)
Jetzt werden die Ergebnisse der Befragung ausgewertet. Dies soll lediglich als ein Meinungsbild verstanden werden, die Antworten sind keineswegs repräsentativ. Wichtig war und im Fokus stand, einmal vor Ort ins Gespräch zu kommen und über Digitales zu reden. Wir haben ein Panorama an Vielstimmigkeit erlebt.
Der Praxischeck ist sicher gelungen – und zeigt, wie lohnenswert es ist, den Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis zu moderieren. Die Ergebnisse fließen in den folgenden Workshop vor Ort mit ein. Hier treffen lokale und regionale Akteure auf das Netzwerk des CoLab mit all den Partnern wie auch dem Wegweiser, um gemeinsam einen konkreten Fahrplan für eine digitale Region zu entwickeln.
Den Fragebogen kann man noch hier downloaden und beantworten.
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