Das Foto zeigt die Referenten in der Abschlussrunde.
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17. September 2014

Die digitale Revolution – kommunal entbrannt?

Das KGSt-Forum 2014 ist zu Gast in Dresden – „Wir fördern kommunale Kompetenz“ ist das Motto an den kommenden drei Tagen vom 17. bis 19. September. Das Forum gilt als der europaweit größte kommunale Innovationskongress.

Zukunft anpacken

Themenfelder sind: die innovative Kommune, die nachhaltige Kommune, zukunftsfähige Kommune, Bürgerkommune, soziale Kommune, vernetzte Kommune, Konzern Kommune sowie die mobile Kommune. Deutlicher kann man den Anspruch auf Zukunftsfähigkeit nicht formulieren. Magnet für mich war der Themenschwerpunkt „Vernetzte Kommune“, die Vorträge fanden im „Ideenraum“ statt – ein Ideengarten, der schon vom rein äußerlichen eher aus der Rolle fiel: Grüner Teppich signalisierte Rasenfläche, der Zuschnitt im Raum erinnerte eher an Schrebergärten, die vier Diskussionsfelder dekoriert mit Bierbänken und Papierblumen. Hier galt es, frei nachzudenken. Was den Referenten in den Vortragsblöcken auch gelungen ist.

Ideenraum

Im Ideenraum Open Government – Die Zukunft der Kommunen !? (#IROG14)“ diskutierten die Teilnehmer „die digitale Revolution“. Ein großer Aufschlag. Marc Groß (KGSST) erklärte, diese vollziehe sich bereits täglich – und es werde doch von den meisten nicht bewusst wahrgenommen, wie tiefgreifend die Veränderungen schon seinen. Diese Dynamik könnten Politik und Verwaltung für sich nutzen – nur wie und mit welchen Konsequenzen? So eröffnete er den Reigen. Rede und Antwort standen fünf Referenten in kleinen Arbeitsgruppen. Gunter Czisch (Bürgermeister aus Ulm); Christoph Meineke (Bürgermeister Wennigsen); Sabine Möwes (Leitg. E-Gov Köln); Dr. Phillip Müller (CSC); Wolfgang Müller (stellvertr. Magistratsdirektor, Stadt Wien).

Highlights Social Media-Diskurs

Hier nur ein paar Highlights aus der Quintessenz, die sich in ihrem Tenor erstaunlicherweise nicht so ganz unterscheiden. Gunter Czisch unterstrich, eine Stadt müsse immer wieder neu definiert, verhandelt und erfunden werden. Mit den dabei entstehenden Ängsten müsse man umzugehen lernen. Gesellschaftliche Veränderungen gehörten in den Kontext von Veränderungen überhaupt eingeordnet, es sei völlige Normalität, sich weiterzuentwickeln, das sei stets der Fall gewesen – nur diesmal sei Digitales hinzugekommen. In der Entwicklung sei man auch schon sehr viel weiter als viele das glauben: Social Media sei bereits Normalität geworden. In der Nutzung dieser neuen Techniken gehe es auch nicht allein um die Kenntnisse von Technik oder eben die Fertigkeit im Umgang damit. Czisch formulierte meinen Lieblingssatz an diesem Nachmittag als er sagte: „Social Media ist deutlich eine Frage der Haltung“ – Social Media bringt also viele soziale Implikationen mit sich. Es gehe zudem nicht darum, die eine Strategie zu entdecken  – jede Stadt ticke anders, jede Stadt müsse hier eine eigene Strategie für sich entwickeln – und auch eigene Spielregeln festlegen. Um hier künftig wirksam zu sein, stelle man in Ulm mehr und mehr Menschen ein, die diese Kompetenz mitbringen, die Stellenbeschreibungen ändern sich in die Richtung Dialogfähigkeit und SocialMediaKompetenz. In den sozialen Medien müsse man anders kommunizieren, schneller, direkter, erkennbarer – das seien Verwaltungen bisher eher nicht gewöhnt. Nicht die Kommunikation allein müsse sich ändern, sondern das System. Christoph Meinke hob zudem hervor, man müsse zunächst niedrigschwellige Wege in eine zu bildende Community schaffen, dann könne man sich auch in komplexere Verfahren vorwagen, die etwa Pflichtverfahren nach sich zögen. Auch kritische Rückmeldungen müsse man aushalten können. Sabine Möwes machte deutlich, dass diese Prozesse der Veränderung und des Social Media auch die Frage nach den Ressourcen aufwerfe. Kritisch merkte sie an (sehr richtig) wir alle nutzten Facebook und Co. – aber die Einrichtung eines DE-MailKontos gelinge nicht und kaum jemand nutze die e-ID. Philipp Müller thematisierte die Diskrepanz zwischen echten Beteiligungsprozessen und der Beteiligung an Entscheidungen, ein Unterschied. Spannend – aber auch kontrovers sein Vergleich zwischen der Landwirtschaft und Digitalem, im Kern geht es um die Frage, ob Verwaltungen noch alles selbst machen müssten. Früher sei auch fast jeder Bürger Bauer oder Teilselbstversorger gewesen… Verwaltungen könnten sich auch zu offenen Wertschöpfungsnetzen weiterentwickeln. Wolfgang Müller verwies auf die digitale Agenda der Stadt Wien, die heute online gestellt wurde. Seine Überzeugung: Partizipation ist nicht das Aushebeln von Repräsentativität. Sich gemeinsam mit den Bürgern auf die Suche nach Ideen und Themen zu machen sei zutiefst demokratisch. 1,7 Millionen Hirne – nutzen wir sie, so titelte seine AG.

Das Bild zeigt den Bürgermeister von Ulm in der Diskussion mit dem Publikum.

 

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Goldfäden

Folgende Punkte blitzten wie Goldfäden durch die Vorträge und Diskussionen: a) Social Media ist bereits Normalität im Leben der Bevölkerung. Diese Erwartungshaltung berührt auch die Verwaltung. b) Das Wissen der Vielen ist unschätzbarer Schatz für die Zukunftsfähigkeit von Kommunen. Der Einstieg in Beteiligung muss niedrigschwellig eingeübt werden. c) Die Kommunikation der Verwaltung ändert sich, dies wird auch Auswirkungen auf die Kommunikation zwischen Print und Online haben  – Lokalzeitungen haben kein Monopol mehr auf Berichterstattung, die Verwaltungen gestalten ihre Kommunikation zunehmend selbst. d) Vorzüge der kurzen Wege für die Bürger (Beschwerdemanagement, Terminvergabe, Dienstleistungen) werden besonders angenommen. e)  Keine Social Media Kanäle eröffnen, die man dann nicht bedienen und pflegen kann. Schulung der Mitarbeiter in Verwaltung ist essentiell. f) Lernen der Generationen in der Verwaltung untereinander bringt Erfolg.

Marc Groß schloss ab mit der Frage: „Was machen Sie in Ihrer Stadt? Und was sind Ihre nächsten Schritte?“ Eine spannende Aufforderung an die doch zahlreichen Teilnehmer im Ideengarten. Bitte mehr von diesen neuen, offenen Formaten. Gut!

Fotos: Anke Knopp

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