Foto: © Valeska Achenbach
Diesen Beitrag teilen
14. Mai 2018

Ein Negativszenario zum Tag der Pflege

Seit nunmehr 51 Jahren findet jährlich am 12.05. der Internationale Tag der Pflege statt. Es stellt sich aber die Frage, ob dieses jährliches Ereignis hilft, unseren Pflegenotstand zu mildern.

Inzwischen gibt es in Deutschland lt. statista 2,75 Mio. Pflegebedürftige und diese Zahl steigt rasant. Der Pflegereport der Bertelsmann Stiftung prognostizierte vor einigen Jahren bis 2030 eine Zunahme von ca. 50 % und eine Versorgungslücke von 500.000 Vollzeitkräften. Die von der neuen Bundesregierung in Aussicht gestellten 8.000 neuen Pflegekräfte sind daher nicht annähernd ausreichend.

Bis 2030 sind es nur noch 12 Jahre und folgendes Negativszenario ist durchaus vorstellbar:

  1. Es gibt deutlich mehr Hochaltrige mit zunehmendem Pflegebedarf und immer mehr altersarmer Menschen mit höherem Gesundheits- und Pflegerisiko.
  2. Krankheit und Armut verschlechtern auch die sozialen Netzwerke und das damit verbundene Unterstützungspotenzial.
  3. Kranke alleinlebende Alte werden immer früher aus den Kliniken entlassen, obwohl sie kein häusliches Unterstützungspotenzial haben.
  4. Der Pflegenotstand steigt, weil junge Menschen eher in attraktivere Berufe wechseln, immer mehr Pflegekräfte vorzeitig aus ihren Berufen aussteigen und die familiären Pflegemöglichkeiten nicht mehr gegeben sind.
  5. Pflegebedürftige werden entgegen ihrem Wunsch nicht zuhause gepflegt, sondern in Massenbetrieben (auch von Robotern).
  6. Für Altersarme gibt es nur noch Minimalstandards.
  7. Die Finanzen der Pflegekassen und der öffentlichen Hand haben sich deutlich verschlechtert.
  8. Das positive Verhältnis der Generationen verschlechtert sich, weil Berufstätige unter den zunehmenden beruflichen und privaten Anforderungen sowie unter steigenden Sozialbeiträgen leiden.
  9. Verschämte Armut führt zu mehr Krankheit sowie Einsamkeit und Verstorbene werden oft erst nach Monaten aufgefunden.
  10. Gewalt in der Pflege nimmt zu, weil Pflegende mit den wachsenden Anforderungen seelisch und körperlich überfordert sind

Wer plötzlich persönlich damit konfrontiert wird, in der eigenen Familie einen Pflegefall zu betreuen, braucht eine Menge an Informationen und Beratungen. Diese erhält man bei Kranken- und Pflegekassen, Pflegestützpunkten oder bei der unabhängigen Patientenberatung Deutschland. Pflege- und Rettungsdienste bieten ebenfalls immer wieder Kurse und Schulungen zum Thema Hauskrankenpflege an.

Nicht selten werden Betroffene dann mit dem schon bestehenden Pflegenotstand konfrontiert und hier besteht dringender politischer Handlungsbedarf auf Landes- und Bundesebene.

Kommunale Handlungsoptionen

Doch auch auf kommunaler Ebene gibt es einige Handlungsoptionen, wie z. B.:

  • Vernetzungsworkshop (Politik, Verwaltung, Pflege, Unternehmen, Wohlfahrt, Gesundheit, Zivilgesellschaft, Kirchen, Krankenkassen, Wohnungsunternehmen etc.) initiiert kommunale Gesundheitsförderungsangebote oder Pflege- oder Gesundheitskonferenzen
  • „Palliativteams“ gründen (Ärzte, Sozialarbeiter, Psychologen, Seelsorger)
  • Familiale und ehrenamtliche Ressourcen stärken
  • Kommunale Beratung über
    • Gesundheitsinformationen
    • Entlastungangebote für Pflegende
    • Ambulanter vor stationärer Pflege
    • Technische Assistenzsysteme (automatische Notfallerkennung, verbesserte Pflegedokumentation, intelligente Medikamentendosierung, Telemedizin)
    • Hospiz- und Palliativversorgung

Zukunftsorientierte Akteure haben dies schon vielfach in unseren Workshops für Kommunen geplant und umgesetzt, aber in vielen Kommunen ist bislang auch noch wenig passiert.

 

 

Diesen Beitrag teilen
Kommentar verfassen