Das Wissenschaftsjahr 2015 ist seit heute offiziell eröffnet. Motto: Zukunftsstadt. Was macht unsere Stadt von morgen aus?
Die Bundesministerin für Bildung und Wissenschaft, Frau Prof. Johanna Wanka, gab heute den Startschuss in einer ersten Veranstaltung dazu in Berlin – eine Jahr lang steht „die Stadt“ in ihren vielfältigen Erscheinungsformen ab jetzt im Fokus der Öffentlichkeit.
Städte ziehen Menschen an
Damit die Relevanz von Städten gleich deutlich wird, zeigt Wanka auf, das heute 60 Millionen Menschen in Deutschland in Städten leben. In der „Welt“ ist die Relation ungleich höher, wir sprechen hier von Megacities mit jeweils mehreren Millionen Einwohnern. „Städte ziehen Menschen an“, sagt Wanka und macht auch gleich deutlich, welche großen Herausforderungen damit verbunden sind: Demographischer Wandel, Globalisierung, Umwelt, Mobilität. Alle diese Probleme zeigten sich quasi wie unter einem Brennglas in den Städten, denn sie müssten vor Ort gelöst werden. Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Sie werden schon einige Jahre diskutiert, nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch vor Ort. Der Öffentlichkeit ist auch deutlich, dass wir auch in Deutschland in einem permanenten Wandel stehen – in einem alternden Land kann und wird nichts bleiben, wie es gewohnt war. Auf der Eröffnungsveranstaltung allerdings war die zentrale Frage danach, wie genau denn diese Herausforderungen gemeistert werden können. Lösungen sollen in diesem Jahr exemplarisch gefunden werden. Dazu gibt es eine eigene Website, dazu ist eine „Nationale Plattform Zukunftsstadt“ entstanden.
Veränderung ist normal
Wanka griff einige Beispiele heraus, autofreie Innenstädte etwa. Frauen, zitierte sie, befürworteten diese zu 42 Prozent, Männer eher nicht. In den 1990ern habe man sich mit den Supermärkten auf der grünen Wiese beschäftigt, heute ständen die veränderten Einkaufsverhalten durch das Internet im Fokus. Veränderung ist normal. Die Forschung, so sagte sie, wolle diese Veränderungen begleiten, Fragestellungen untersuchen.
Hier eben greife zumindest im Wissenschaftsjahr 2015 die Plattform sowie ein angestrebter breiter Dialog mit der Öffentlichkeit zum Schwerpunkt „was macht eine Stadt der Zukunft aus“. Politik habe, so räumt sie ein, hier besonders Fehler gemacht: Globalisierung habe man zu lange nur als Chance verstanden und kommuniziert – die Ängste der Menschen habe man zu spät wahrgenommen.
Sie wies zudem darauf hin, dass es Lösungen nicht als Standard geben kann, der demographische Wandel zeige, wie in jeder Gemeinde, in jeder Stadt die daraus resultierenden Aufgaben differieren. Diese Zukunftsfragen nun könne eine Verwaltung nicht alleine lösen. Da brauche es die Bürger selbst. „Wenn wir mit denen nicht verbunden sind, wird es nicht vorangehen.“
Alte Bekannte
Als alte Bekannte kamen diese Begriffe dann auch in allen Beiträgen der heutigen Eröffnung daher: Bürgerbeteiligung ist zentral, die Städte müssen „smart“ werden, wobei wir bei SmartCity sind, wie kann man auch die einbinden, die sich üblicherweise nicht von sich aus angesprochen fühlen, wenn es um Partizipation geht – und schließlich, wie verändert Technik die Städte. Verwiesen wurde auf die 50 Projektstädte, die künftig in einem Pilotprojekt eben an diesen Fragen tüfteln – bis April werden die Städte konkret benannt sein, die sich bis jetzt bewerben konnten.
Pioniere des Experiments
Auf einem nachfolgenden Panel zur ersten Diskussion mit der Ministerin saß u.a. auch die Oberbürgermeisterin der Stadt Baden-Baden, Margret Mergen. Sie führte ihre Stadt als exemplarisch dafür an, wie sich eine „alternde Stadt“ anfühlt. Eine Thematik, die auf fast alle Städte Deutschlands zukomme. Sie thematisierte die Vereinsamung im Alter als großes Problem. Aus dem vermeintlichen Manko machte sie Programm, sie sucht nach Alternativen und Folgenutzungen von Infrastruktur, die wieder zu Orten der Begegnung werden, wo sich Menschen treffen. Sie favorisiert, es müsse wieder „Pioniere für Experimente“ geben, LivingLabs sind eine Form. Wissenschaft und Zivilgesellschaft sprächen dabei aber oft nicht die gleiche Sprache, das müsse sich ändern, damit man sich wieder miteinander verständigen könne. „Transformation ist wichtig“, sagte sie. Ihr Credo: formalisierte Verfahren seien veraltet, sie setzt auf interaktive Formate, auf Flexibilität und auf das Aktivieren und Einbeziehen der Menschen. „Wir brauchen neue Formen der Stadtentwicklung“, so Mergen und stellte damit die praktische Umsetzung ins Rampenlicht. Mit Applaus.
Viel Neues gab es insgesamt nicht, wohl aber die Sicherheit, dass das Thema „Stadt“ eine Revitalisierung in ihrer Wahrnehmung erfährt, die Relevanz erkannt ist – und mit diesem Veranstaltungsformat nun wieder im Zentrum angekommen ist. Allein daraus könnten Chancen entstehen.
Fotos: Anke Knopp
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