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4. Dezember 2014

Detroit. Kunst und Gartenbau. Zwei Lichtblicke – Teil 7

Schrumpfung hat Konsequenzen, meist negative. Sie bietet aber auch Chancen. Heute schauen wir mal optimistisch nach vorn. Wenn es in Detroit Eines im Überfluss gibt, dann Raum. Die Stadt ist infolge von Abwanderung, Deindustrialisierung und einer vor jeher verkorksten Stadtplanung heute einfach nur leer. Was also tun mit der Fläche? Dafür gibt es mehrere Ansätze.

Rück- und Gartenbau

Die Nachnutzung leerer Grundstücke für Gartenbau oder sogar Forstwirtschaft ist einer der großen Trends in Detroit. Man sieht ihn überall, im Zentrum und in den früheren Wohngebieten, meist noch in kleinem Rahmen. Über 1.000 solcher urbaner Gärten soll es mittlerweile schon geben. Wahrscheinlich ist Detroit heute das globale Epizentrum dieser Bewegung. Man begegnet damit drei Problemen auf einmal: brachliegende Grundstücke reaktivieren, bessere Lebensmittel und sinnvolle Beschäftigung. Zeit online und Spiegel online haben darüber lesenswerte Artikel geschrieben. Aber natürlich gibt es auch Hürden. Die Grundstücke sind oft zu klein und Landwirtschaft ist von der Flächenplanung her eigentlich gar nicht zulässig. Die Stadtverwaltung war wie meist nicht gerade förderlich. Von Tierhaltung spricht übrigens noch Niemand.

Bild 2. Detroit Downtown. Links und rechts Parkhäuser. In der Mitte Beete.

Bild 2. Einer von 1.000 kleinen Gärten.

Ein Haus für 1.000 Dollar. Die Landbank Detroit.

78.000 leerstehende Häuser und Grundstücke schätzt man in Detroit. Leider liegen sie in der Stadt verstreut. Mit Blick auf die Stadtentwicklung helfen in Detroit chirurgische Eingriffe nicht mehr. Es bedarf des Holzhammers und großer Maßnahmen. Dafür benötigt die Stadt allerdings auch große zusammenhänge Flächen. Ein Problem, denn eine Straße kann noch so leer sein, irgendjemand wohnt immer dort. Detroit hat eine spezielle Organisation gegründet, die leerstehende Immobilien sammelt, vor allem solche mit Steuerschulden, und im großen Maßstab entwickelt. Die Landbank ist eine quasi-Behörde mit speziellen Rechten, die sich allein um die Entwicklung des Leerstandes kümmert. Man bündelt Aufgabe, Kompetenzen, Ressourcen und Programme. Heute ist die Landbank Detroit der größte Immobilieneigentümer der Stadt. Um den Rückbau zu beschleunigen, gab der Bund im letzten Jahr 52 Millionen Dollar Fördermittel.

Bild 3. Das eigene Haus muss nicht teuer sein. Es steht dann allerdings in Detroit.

Das Heidelberg Projekt

Wo Leerstand allgegenwärtig ist, wo Gebäude und Fläche herrenlos sind, wo die Stadt Gesetze nicht durchsetzen kann, wo man Niemanden stört, weil Niemand mehr dort wohnt, da können Räume für Kreativität entstehen. Vor fast dreißig Jahren setzte Tyree Guyton ein Zeichen gegen die Verwahrlosung seiner Nachbarschaft. Er begann, Haus und Grundstück bunt zu gestalten: das Heidelberg Projekt. Aus Bildern, Farbe, Installationen wurde ein soziales Forum, eine Bewegung, die Kunst zu den Menschen bringt, Nachwuchs und Bildung fördert. In einer sozial sehr schwierigen Nachbarschaft. Benannt wurde das Projekt schlicht nach der Straße.

Bild 4. Eine Arche Noah in der Heidelberger Straße

Bild 5. Blick auf einen Teil der Heidelberger Straße

Das Heidelberg Projekt und Urban Gardening sind nur zwei Beispiele für das andere Detroit. Sie haben dazu geführt, dass aus Detroit in den letzten Jahren auch positive Bilder um die Welt gingen. Ein Ort, in dem Dinge möglich sind, für die anderswo kein Platz ist. Detroit ist dabei, sich einen Ruf als kreative Stadt zu erarbeiten. Ein nicht zu überschätzender Standortfaktor.

Kritiker wenden ein, dass diese Bewegungen eine winzige Parallelwelt einer intellektuellen Elite sei, die die Masse der Leute nicht erreicht und die eigentlichen sozialen Probleme nicht löst. Was meinen Sie?

 

Erfahren Sie in Teil 8: Warum Michigans größter Kreisverkehr nicht rund läuft.

Fotos: René Geißler

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  • Alexandra Hönicke wrote on 06.12.2014

    Man könnte sagen, es ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Andererseits sind es kleine Oasen. Und davon kann es nicht genug geben.