In allen Ländern Europas gibt es Kommunen. In allen Ländern schätzt man die Gedanken der Selbstverwaltung, der Bürgernähe, der lokalen Demokratie. Überall tragen Kommunen wichtige Aufgaben und besitzen eigene Finanzquellen. Kommunen sind populär. Doch halt! Was versteht man eigentlich in Polen, Irland, Slowenien oder Dänemark unter „Kommune“?
Wir haben 21 EU-Länder näher untersucht und einige Überraschungen gefunden. (Den vollständigen Bericht finden Sie hier.) Wir wollten wissen, wie die kommunalen Ebenen aufgebaut sind, wie viele Kommunen es gibt und was sich an dieser Struktur in den vergangenen zehn Jahren geändert hat.
Manche mögen es komplex
Wenn man tiefer in diese Länder hineinschaut stellt man Eines schnell fest, es ist falsch, allgemein von „Kommune“ zu sprechen. Hinter diesem Begriff verbergen sich ganz unterschiedliche Typen und eine Vielfalt von Verwaltungsformen.
In drei der 21 Länder untergliedert sich die kommunale Ebene in drei Sub-Ebenen (Frankreich, Italien, Polen). Wahrscheinlich ist es den meisten Bürgern dieser Länder selbst gar nicht bewusst, dass Woiwodschaften und Regionen auch Kommunen sind. Kein Wunder, haben diese doch bis zu zehn Millionen Einwohner und erinnern uns eher an Länder. Zehn der 21 EU-Länder sind, ähnlich wie in Deutschland, zweistufig aus Gemeinden und Kreisen. Aber ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. Denn in einigen Ländern gibt es zwar zwei Typen, diese stehen aber nicht in einem hierarchischen Verhältnis, sondern gleichrangig nebeneinander. Acht Länder kommen dagegen mit nur einem Typus Kommunen aus (Slowenien, Bulgarien, Estland, Finnland, Irland, Österreich).
Die Komplexität und Unterschiedlichkeit der Kommunen setzt sich bei der schieren Zahl der Einheiten fort. Wer dachte, Deutschland wäre kleinteilig, wird von Frankreich eines Besseren belehrt. Unglaubliche 35.538 Gemeinden zählt man dort. Wie einfach ist dagegen doch die Welt in Irland. 31 Kommunen. Man kennt sich.
Der Trend heißt Fusion
Die kommunalen Strukturen sind nicht statisch. Sie stehen im Ermessen der Länder, die mehr oder weniger selten davon Gebrauch machen und die Strukturen ändern. 13 der 21 untersuchten Länder waren in der vergangenen Dekade aktiv. Dabei gab es nur eine Richtung: Fusion von Kommunen und somit eine sinkende Zahl.
In Frankreich zum Beispiel gab es auf Ebene der über 35.000 Gemeinden seit fast 200 Jahren keine wirklichen Fusionen mehr. Das erklärt diese nicht mehr zeitgemäße Struktur. Das Gegenteil ist England, wo es so viele Restrukturierungen gab, dass man leicht den Überblick über den Aufbau der Ebene und die Zahl der Einheiten verlieren kann. Auch dies ist ein Indikator, für die Geringschätzung durch die Zentralregierung in London. In Deutschland erlebten wir jüngst Beispiele für gescheiterte Fusionen in Thüringen und Brandenburg. Auch dies findet sich in anderen Ländern, so in Italien, Finnland oder Slowenien.
Wahrhaft dramatische Konsequenzen hatte die Finanzkrise für die Kommunen in Irland, Griechenland und Portugal. Diese Länder mussten die berüchtigten Rettungspakete der Troika in Anspruch nehmen. Zu deren Bedingung gehörte die „Straffung“ der kommunalen Ebene. In Griechenland und Irland sank die Zahl der Kommunen um zwei Drittel. Die einzige „freiwillige“ deutliche Reduzierung erlebte Estland, allerdings auch vor dem Hintergrund dramatischer Finanzprobleme nach 2010. In Italien wiederum hatte die Finanzkrise einen anderen Effekt. War Italien vorher das einzige Land mit einer wachsenden Zahl an Gemeinden, so kam dieses Wachstum in Zeiten der nationalen Haushaltskrise zum Stillstand.
Fazit
Die Struktur der kommunalen Ebenen ist in jedem Land auf eigene Weise historisch gewachsen. Relevanz, verfassungsrechtliche Stellung, Aufgaben und Ausmaß der Autonomie unterscheiden sich. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union hatte hierauf keinen Effekt. Übergreifend ist hingegen der Trend der Zentralisierung: Haushaltskrise, bessere Steuerung, geringere Komplexität und die Verlagerung ehemals staatlicher Aufgaben sind Hintergründe dessen.
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