Investitionen in öffentliche Infrastruktur sind von fundamentaler Bedeutung für die langfristige Sicherung von Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen in einer Volkswirtschaft. Unterzieht man jedoch die derzeitige Investitionstätigkeit deutscher Städte und Gemeinden einer eingehenden Prüfung, so zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit. So bezeichnet der Deutsche Städtetag in seinem aktuellen Gemeindefinanzbericht den Zustand der Infrastruktur in Deutschland als „zunehmend beklagenswert“. Das KfW-Kommunalpanel 2016 liefert zur Untermauerung die passende Zahl: Auf bereits 136 Mrd. Euro beläuft sich der wahrgenommene Investitionsrückstand (Berechnung auf der Grundlage einer deutschlandweiten repräsentativen Befragung von Städten und Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern). Regional treten dabei massive Unterschiede zutage: Bayerische Kommunen gaben bspw. unserem Kommunalen Finanzreport zufolge im Jahr 2014 mit 590 Euro pro Kopf fast dreimal so viel für Investitionen aus wie die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern mit 206 Euro.
Bei der Suche nach Erklärungen für diese Unterschiede wird in der öffentlichen Diskussion immer wieder auf die unterschiedliche Finanzlage der Kommunen verwiesen. So weist bspw. das KfW-Kommunalpanel darauf hin, dass Kommunen ohne Haushaltsausgleich ein Drittel weniger investieren als Kommunen mit ausgeglichenem Haushalt oder Finanzierungsüberschüssen, und das DIW zeigt in seinem Wochenbericht zum Thema die positive Korrelation der Höhe der Investitionen mit der Höhe der Steuereinnahmen und den negativen Zusammenhang mit hohen Sozialausgaben, einem negativen Finanzierungssaldo und hoher Verschuldung. Wenn die kommunale Investitionshöhe jedoch lediglich eine Frage des Geldes ist, warum existiert besagte Investitionsschwäche dann derzeit weiter – trotz einer insgesamt günstigen Wirtschafts- und Finanzierungslage mit hohen Steuereinnahmen, niedrigen Zinsen und staatlichen Fördermitteln?
Eine Antwort, die gerade in letzter Zeit verstärkt genannt wird, ist, dass es eben nicht nur finanzielle Probleme sind, die kommunale Infrastrukturinvestitionen begrenzen, sondern auch Personalengpässe. So erklärt das IW Köln bspw. die unzureichende Nutzung vorhandener Investitionsbudgets mit der stark reduzierten Personaldecke in den kommunalen Bauämtern durch jahrelangen Personalabbau. Personalmangel bei Planung und Durchführung hemmt also die Realisierung wichtiger Bauprojekte. „Niemand will das Geld“ titelt Zeit Online. Die bevorstehenden massiven Pensionierungswellen in den Bauämtern drohen die Lage zusätzlich zu verschärfen. Auf die problematische Altersstruktur in den Kommunalverwaltungen wies bereits unsere letzte Ausgabe der Reihe „Analysen und Konzepte“ hin. Darin heißt es: „In den nächsten Jahren wird ein erheblicher Teil der Beschäftigten das Rentenalter erreichen. Wissens- und Leistungsträger gehen verloren, die adäquat ersetzt werden müssen. Sollte dies nicht gelingen, sind die Leistungsfähigkeit der Gemeinden und deren vielfältige Aufgaben gefährdet.“ Ein Befund, der mit Blick auf das Thema der Infrastrukturinvestitionen von ganz besonderer Aktualität und Relevanz zu sein scheint.
Gewiss – weder einfach nur „mehr Geld“ noch lediglich „mehr Personal“ führen zu den gewünschten Ergebnissen. So zeigt – jüngsten Berechnungen der KfW zufolge – die Relation zwischen kommunalem Personal im Bereich „Bauen und Wohnen“ und kommunalen Bauausgaben kein eindeutiges Bild. Mehr Personal führt also nicht automatisch zu höheren Bauausgaben. Personalengpässe können zwar Infrastrukturinvestitionen hemmen. Neben notwendigen Nachbesetzungen sollten für eine Lösung des Problems aber auch eine Verschlankung der Verwaltungsabläufe, weitere Qualifizierungsmaßnahmen für das vorhandene Personal sowie die Möglichkeit interkommunaler Kooperationen in den Blick genommen werden.
Die kommunale Investitionsschwäche ist also ein Problem, das viele Väter hat. Was die aktuelle Diskussion dabei eindrücklich zeigt, ist, wie wichtig es ist, die öffentliche Krisendebatte der Kommunalverwaltungen nicht (mehr) allein auf die vielerorts stark angespannte Finanzlage zu fokussieren, sondern auch die ebenfalls existierenden Personalprobleme stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken und kreative Lösungsvorschläge dafür zu entwickeln.
was bei dieser Diskussion oft vergessen wird, sind die Folgen gerade für Altersarme durch immer weniger Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Bei diesen Menschen betragen die Wohnkosten meist mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen. Durch mehr sozialen Wohnungsbau können Kommunen zwar keine Armut beseitigen, aber zumindest etwas lindern.