Dem Staat fehlt es an Personal, und das auf allen Ebenen. Das ist grundsätzlich nichts neues, allerdings stand das Thema Fachkräftemangel Anfang August wieder besonders im Fokus der medialen Öffentlichkeit. Laut dem Deutschen Beamtenbund (DBB) sind aktuell rund 360.000 Stellen im öffentlichen Dienst unbesetzt und bis 2030 gehen ca. 1,3 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in den Ruhestand. Gewerkschaften wie die der Polizei (GDP oder für Erziehung und Wissenschaft (GEW) meldeten sich mit alarmierenden Botschaften zu Wort: „Wenn die Politik nicht gegensteuert, droht ein Personalkollaps“, sagte Daniel Merbitz, Vorstandsmitglied der GEW.
Mit Blick auf die Umsetzung der Agenda 2030 in deutschen Kommunen könnte man in Anbetracht des Fachkräftemangels durchaus ein düsteres Bild zeichnen. Doch erst zum Positiven: Wie die Kommunalbefragung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergeben hat, haben 60 Prozent der befragten Kommunen bereits Stellen geschaffen, die explizit für Nachhaltigkeitsfragen zuständig sind. Weitere 7 Prozent gaben an, dass sie es fest geplant hätten (Abbildung 1). So weit, so gut. Ob die aktuelle Personalausstattung in den Kommunen für die Aufgaben zum Querschnittsthema „Nachhaltigkeit“ ausreicht, lässt sich schwer sagen.
Aus Sicht der Kommunen gehört eine ausreichende Personalausstattung – neben dem Engagement der Verwaltungsspitze und der Bereitstellung von Finanzmitteln – zu den wichtigsten Bedingungen für ein erfolgsreiches Nachhaltigkeitsmanagement. Für die Großstädte ist es sogar der wichtigste Erfolgsfaktor.
Die Relevanz des Personals für nachhaltige Entwicklung in Kommunen spiegelt sich auch in den Indikatoren der Sustainable Development Goals (SDGs) bzw. bei einzelnen Fachthemen wider, beispielsweise im Indikator „Personal in Pflegeheimen“ des SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“. Dort nahm das Personal (Vollzeitäquivalente pro 1.000 Pflegende) von 2015 bis 2020 um 21 Prozent ab, in den Großstädten sogar um 25 Prozent. Die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bis 2030 ist gefährdet.
Personalmangel kann sich also negativ auf das kommunale Nachhaltigkeitsmanagement vor Ort und auf die Zielerreichung der Agenda 2030 in den Kommunen auswirken. War es das damit? Sind die nachhaltige Entwicklung vor Ort und das kommunale Nachhaltigkeitsmanagement praktisch am Ende?
Keine Frage, die Bewältigung dieser Herausforderungen werden in Zukunft noch anspruchsvoller. Doch das heißt noch lange nicht, dass damit kein gelungenes Nachhaltigkeitsmanagement möglich ist. Es gibt Perspektiven und Konzepte, wie es trotz Personalmangel gelingen kann. Beispielsweise können bereits vorhandene Verwaltungsaufgaben, die sowieso anfallen und erledigt werden, nach Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet werden.
Zwei Möglichkeiten, wie so etwas getan werden kann, sind die Nachhaltigkeitsrendite und der Nachhaltigkeitshaushalt. Die Nachhaltigkeitsrendite ist ein vom Difu entwickeltes Konzept, welches jede Investition auf kommunaler Ebene auf Nachhaltigkeit prüft und dementsprechend Prioritäten in den kommunalen Ausgaben setzt. Der Nachhaltigkeitshaushalt verbindet den Produkthaushalt mit Nachhaltigkeitsindikatoren. Dabei können eigene Nachhaltigkeitsindikatoren, die kommunalen SDG-Indikatoren des SDG-Portals oder Indikatoren aus Nachhaltigkeitsstrategien der Länder genutzt werden. Wie die Autoren des Kommunalen Finanzreports 2023 der Bertelsmann Stiftung beschreiben, hätten die kommunalen SDG-Indikatoren den Vorteil, dass sie länderübergreifende Vergleiche ermöglichen würden und mit niedrigem Erhebungsaufwand verbunden wären. Natürlich könnte man sich auch aus mehreren Indikatoren-Sets bedienen, wie die Abbildung 3 zeigt.
Nach Aussage der Autoren wäre ein positiver Effekt der Verbindung von Produkthaushalt und Nachhaltigkeitsindikatoren, dass aufwendige Parallelstrukturen zwischen Haushalts- und Nachhaltigkeitssteuerung verhindert werden könnten. Des Weiteren könnten politische Diskussionen über Output, eine effiziente Mittelverwendung und die Nachhaltigkeit des eigenen Handels forciert werden. Man würde also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Gelungenes kommunales Nachhaltigkeitsmanagement benötigt Flexibilität und Mut für neue Methoden. So kann es auch mit weniger Personal gelingen.
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