vWenn sich eine Gruppe älterer Herren mehrere Tage in einem Hotel einschließt, geht es oft um Geld. Drei Runden brauchten die Verhandlungsführer von Bund, Kommunen und Gewerkschaften in diesem Jahr. Vielleicht wäre es schneller gegangen, wenn man sich nicht in Potsdam, sondern in Gelsenkirchen getroffen hätte. Vielleicht wäre auch das Ergebnis ein anderes gewesen. Bekanntlich prägt das Sein ja das Bewusstsein.
Am Ende stand eine Zahl, die für Raunen in der kommunalen Familie sorgt. Bei Vielen ist auch für ein Grummeln: 7,5 % Tariferhöhung über 30 Monate. Das ist ein Paukenschlag.
Das spontane mediale Echo war positiv. Ist der öffentliche Dienst nicht ohnehin unterbezahlt? Braucht es nicht höhere Gehälter, um im Fachkräftemangel zu bestehen? Nein. Es entspricht zwar dem Mainstream des Diskurses und der political correctness, aber so einfach ist es nicht.
Dieser Tarifabschluss wirft Fragen auf
Es mag durchaus Branchen im öffentlichen Dienst geben, die unterbezahlt sind. Die oft angeführten Altenpfleger verdienen tatsächlich zu wenig. Aber huch, die gehören ja gar nicht zum öffentlichen Dienst. Das ist das Problem. Ein anderes prominentes Beispiel sind ErzieherInnen für Kita. Hier gab es in den vergangenen Jahren bereits zusätzliche Tariferhöhungen. Der Mangel an Personal resultiert jedoch aus dem sprunghaften Anstieg der Nachfrage und dem antiquierten Ausbildungssystem.
Bevor man also die Gehälter in der Breite anhebt, sollte man sich die tatsächlichen Probleme einzelner Berufsgruppen anschauen. Denn gerade für die nicht-akademischen Berufe, also die klassischen FacharbeiterInnen, ist der öffentliche Dienst ausgesprochen attraktiv.
Ein Beispiel: Ein Handwerker auf einem kommunalen Bauhof (Entgeltgruppe 6) kommt mit der aktuellen Tariferhöhung leicht auf 3.000 Euro brutto. Das sind in vielen Regionen Deutschlands locker 50% mehr, als bei vergleichbaren Jobs der Privatwirtschaft. Auch im Kita-Bereich bietet die übliche Entgeltgruppe (S8) lockere 40.000 Euro (Vollzeit natürlich). Hinzu tritt eine großzügige Altersversorgung, welche die gesetzliche Rente durchaus um mehr als die Hälfte erhöht. Altersarmut passé.
Tariferhöhung ist keine Antwort auf den Fachkräftemangel
Ein bekanntes Argument für diesen „kräftigen Schluck aus der Pulle“ ist der Fachkräftemangel. Wenn das Gehaltsniveau die Ursache geringer Bewerberzahlen wäre, dann müssten sich vor den Rathäusern Ostdeutschlands lange Schlangen bilden. Denn hier ist der öffentliche Dienst oftmals der einzige seriöse Arbeitgeber.
Zweifellos gibt es einen Wettbewerbsnachteil für die Kommunen, aber vor Allem bei hoch qualifizierten Fachkräften. Den löst man nicht auf, wenn man die Gehälter für Ungelernte erhöht. Den mindert man auch nicht, wenn man das Gehalt kontinuierlich schlecht redet, wie es die Gewerkschaften seit jeher aus taktischen Gründen tun. Nehmen wir mal die Entgeltgruppe E12, typisch für Amtsleitungen in Stadtverwaltungen. Hier kommt man durchaus auf 60.000 Euro brutto, zuzüglich Altersversorgung. Das soll ein schlechtes Gehalt sein? (Von den absurd hohen Einkommen in Ministerialverwaltungen mal ganz zu schweigen.)
Gehalt ist nicht das Problem
Das Problem ist nicht das Gehaltsniveau, sondern dass es schlicht zu wenige dieser Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt gibt. Eine Tarifexplosion, wie wir sie aktuell bei den Lehrern sehen, ändert nichts an der Zahl verfügbarer Lehrer. Es treibt lediglich die Kosten auf ein Niveau, das kaum vertretbar und vor Allem dauerhaft nicht finanzierbar ist.
Was können die Kommunen also tun? Besser kommunizieren wäre schon mal ein Anfang. Das Gehalt ist in der Summe gut, aber man verschweigt es konsequent. Kein Laie versteht die TVöD Tabelle, von der Zusatzversorgung haben die Meisten noch nie etwas gehört. Vielleicht nimmt auch mal eine Stadt das Thema Kinderbetreuung und Vereinbarkeit für die Beschäftigten ernst. Das sind Pfründe, mit denen die Kommunen wuchern können, ohne die Haushalte zu ruinieren.
Foto: Pixabay, Mohamed hassan, CCO
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