Am 9. August erscheint der Kommunale Finanzreport 2017. In dieser Blog-Reihe stellen wir in sieben Folgen sieben Zahlen aus dem Report vor und erzählen die Geschichten dahinter.
Wenn man als Person über 35 eine private Feierlichkeit aufsucht, kommt die Sprache über kurz oder lang auf zwei Themen: Wohnung und Kita. Zumindest Letzteres ist zweifellos eine kommunale Aufgabe. Denn seit August 2013 besteht für alle Kinder ein gesetzlich fixierter Betreuungsanspruch. Beschlossen wurde dieser in einem historisch fast beispiellosen Akt föderaler Kooperation bereits 2007. Es war und ist eine enorme Leistung von Bund, Ländern und Kommunen, diesen Anspruch umzusetzen. Viel ist geschehen, messbar nicht zuletzt an den bundesweiten Ausgaben. Mir ist keine kommunale Leistung mit einer vergleichbaren Kostenkurve bekannt. Der Kita-Ausbau ist nebenbei gesagt auch einer der größten Faktoren für die steigenden Sozialausgaben der Kommunen.
Leider war dieser gewaltige Kita-Ausbau nicht gewaltig genug, denn von einer flächendeckenden Betreuung sind wir noch weit entfernt. Die Nöte der Eltern sollen heute aber mal nicht im Vordergrund stehen, sondern die Finanzen der Kommunen.
Kita-Finanzierung. Ein Buch mit sieben Siegeln.
Träger der Kita sind die Kommunen. Finanziert werden sie durch Gemeinden, Land und Eltern. Im Detail herrscht bei dieser Leistung eine Komplexität, die niemand durchschaut. Interessant ist ein Blick auf die Elternbeiträge: Für die gleiche Leistung zahlt man in einer Gemeinde Null Euro, in der anderen 4.000 im Jahr. Das sorgt für Stress in der Lokalpolitik. Auch das Landesrecht ist diffizil, zum Beispiel hinsichtlich der Qualitätsstandards (wichtig für die Kosten) und der Kofinanzierung. All diese Punkte haben Einfluss auf den Kommunalhaushalt, denn was Eltern und Land nicht zahlen, zahlt die Kommune.
Kapazitäten sind kaum planbar
Das eigentliche Problem für die Kommunalhaushalte liegt aber anderswo: bei den Eltern. Die Kostenbelastung ergibt sich aus der Zahl betreuter Kinder. Ganz logisch. Und diese Zahl ist ein Produkt aus der Zahl überhaupt in der Kommune wohnhafter Kinder und der Betreuungsquote. Hier wird es spannend: Denn diese Quoten zeigen regional enorme Unterschiede. So wurden in den Gemeinden des Landkreises Spree-Neiße (Brandenburg) im letzten Jahr 62 Prozent der kleinen Kinder (unter Dreijährige) betreut. Im bayerischen Landkreis Berchtesgadener Land hingegen 14 Prozent (kein Scherz).
In diesem Kreis ist das Kita-Kostenproblem somit noch nicht angekommen. Diametral anders gelagert ist die Sache in Brandenburg. Hier ist u3-Betreuung die Regel und für entsprechend mehr Kinder müssen die Gemeinden die Kostendifferenz aufbringen. Sie sind also finanziell sehr viel stärker belastet. Dabei besitzen die Gemeinden kaum Steuerungsoptionen, denn sobald ein Kind seinen Betreuungsanspruch anmeldet, muss die Gemeinde liefern. Wie viele Kinder dies tun werden, kann die Gemeinde allenfalls schätzen. Und gar zu oft lagen die Kommunen mit diesen Schätzungen unter der Realität.
Besonders in den größeren Städten Deutschlands heißt es daher: bauen, bauen, bauen. (Und nebenbei das Personal finden.) Je mehr man allerdings baut und das Angebot verbessert, desto mehr findet das Angebot Akzeptanz und Verbreitung. Die Betreuungsquote wächst. Ein finanzieller Teufelskreis.
Für Brandenburgs Kommunen besteht noch ein zusätzliches Problem. Das Land beteiligt sich nur an den Kosten eines 8-Stunden-Platzes. Mehr als ein Drittel der Kinder belegt aber einen Platz über zehn Stunden. Diese Mehrkosten treffen die Städte besonders hart.
Fassen wir zusammen: Kitas sind eine große finanzielle Bürde für die Kommunen. Die Nachfrage und die Kosten steigen und sind kaum planbar. Aus finanzieller Sicht ist es daher von Vorteil, wenn in einer Gemeinde wenige Kinder und viele Hausfrauen leben. Aber nur aus finanzieller.
Mehr zu den kommunalen Ausgaben finden Sie ab dem 9. August im Kommunalen Finanzreport. Bereits am 26. Juli finden Sie den nächsten Blog-Beitrag.
Lesen Sie aus dieser Blog-Reihe auch:
Folge 1: 50 Milliarden Euro Kassenkredite
Folge 2: Warum ein hoher Gewerbesteuersatz nicht immer hohe Einnahmen bedeutet
Folge 3: Wo sind all die Kreise hin?
Folge 4: Starke kommunale Unterschiede bei den Steuereinnahmen
Folge 6: Wirtschaftliche Dynamik. Der Rahmen für kommunale Finanzen
Kommentar verfassen