Dass es in kommunalen Bibliotheken schon lange mehr zu entdecken gibt, als ausschließlich Bücher, wissen die meisten Kinder. Und hoffentlich auch alle, die über das Wohl und vor allem die Finanzierung von öffentlichen Bibliotheken zu entscheiden haben.
Von allen kommunalen Einrichtungen zählen Bibliotheken wohl zu denjenigen, die sich als erste mit der Digitalisierung auseinandergesetzt haben. Das liegt zum einen daran, dass sich permanent neue Medien- und Kommunikationsformate als Kern von Bibliotheksarbeit entwickelt haben. Zum anderen führt eine konsequente Kundenorientierung dazu, dass Bedürfnisse erkannt werden und auf Bedarfe reagiert wird. Ein gutes Beispiel dafür ist die Vermittlung von Lese- und Informationskompetenz – nun ausgeweitet auf digitale Kompetenzen für Jung und Alt. Gesellschaftlicher, demografischer und eben auch digitaler Wandel wirken sich auf alle Kultur- und Bildungseinrichtungen aus und haben also auch einen Wandel in den Bibliotheken zur Folge. Drei Beispiele zeigen, wohin die Reise geht.
Stichwort: Sharing Economy
Dinge zu leihen und zu teilen liegt gewissermaßen in der DNA von Bibliotheken. Neben Medien jeder Art sind in vielen Bibliotheken schon seit Jahren Bilder, Spiele oder E-Book-Reader entleihbar – in der Regel kostenlos oder für ein geringes Entgelt. Für viele Menschen war das immer schon eine gute Möglichkeit, etwas Neues kennenzulernen und auszuprobieren. Und das Spektrum erweitert sich ständig: Warum nicht auch mal eine Nähmaschine oder einen Beamer leihen? In der Stadtbibliothek Erkrath werden beispielsweise Ting- und Tiptoistifte, tragbare CD-Spieler, Kamishibaitheater, Tonies, Stromprüfgeräte und Regenschirme ausgeliehen – ist sie deshalb schon eine Bibliothek der Dinge? Vielleicht nicht ganz. Und natürlich sollte jede Bibliothek genau prüfen, was sie anbieten könnte und sollte, was ihre Kundinnen und Kunden gerne ausleihen würden.
Aber die Richtung stimmt auf jeden Fall. Im Goethe-Institut Prag ist die Bibliothek der Dinge nicht nur ein Ort, an dem etwas verliehen wird. Hier geht es auch darum, sich zu treffen und Kenntnisse und Erfahrungen miteinander zu teilen – und manchmal eben auch, Dinge zu tauschen. Und die Werbung für die Bibliothek der Dinge ist witzig und auf jeden Fall sehenswert!
Stichwort: Dritte Orte
Bereits Ende der 80er Jahre beschrieb der Soziologe Ray Oldenburg verschiedene Lebensräume. Er unterscheidet dabei zwischen unserem Zuhause als dem ersten Ort und dem Arbeitsplatz als dem zweiten Ort. Die sogenannten dritten Orte umfassen öffentliche Räume ganz unterschiedlicher Art: Neben Bahnhöfen, Sportplätzen, Geschäften oder Cafés zählen hierzu auch die Bibliotheken. Für die Entwicklung attraktiver und lebhafter Innenstädte und Dorfzentren sind diese dritten Orte schon immer von besonderer Bedeutung gewesen. Aber gilt dies noch in Zeiten der Digitalisierung?
Immer mehr Angebote und Services sind online verfügbar und immer mehr Menschen nutzen sie. Für den Einzelhandel vor Ort – wie für viele andere Lebens- und Arbeitsbereiche – kann diese Entwicklung durchaus problematisch sein. Den Kundinnen und Kunden bietet sie neue Möglichkeiten. Die Gruppe der „selektiven Online-Shopper“ wird immer größer, die sinnvolle Verknüpfung von digitalen und analogen Angeboten ist daher sicher der richtige Weg. Auch in Bibliotheken gibt es die Verknüpfung von digitalen und analogen Angeboten: Online können Medien verlängert, E-Books heruntergeladen und vielfältige Informationen recherchiert werden. Und dann gibt es diesen analogen, dritten Ort, der zum Entdecken, Austauschen und Ausprobieren einlädt. Zumindest, wenn er gut gemacht ist.
Stichwort: Makerspace und Co.
Ein aktuelles Beispiel für einen gelungenen dritten Ort ist die Stadtteilbibliothek in Köln-Kalk, die kürzlich nach einer umfangreichen Renovierung neu eröffnet wurde. Der Architekt Aat Vos erklärt im Video zur Eröffnung, was für ihn und alle Mitarbeitende wichtig war: Es sollten Räume geschaffen werden, in denen man sich sicher fühlt und in die man alleine gehen kann, in denen man Leute kennt und tun kann, was man will. In denen man bleiben kann, solange man will. Die um die Ecke liegen und für die man keinen Eintritt zahlen muss. Und die Angebote? Viel Analoges und Digitales nebeneinander: einen mobilen Makerspace mit 3D-Drucker und eine Virtual Reality- und Gaming-Ausstattung. Und wer Lust hat, kann auch lernen, wie Roboter programmiert wird. Und ja, Bücher gibt es dort auch.
Ein spannender Beitrag. Ich finde auch, dass mehr Leihläden in Bibliotheken integriert werden müssten: Dingotheken! Die aktuellen Ansätze gehen jedoch wieder eher in eine P2P-Richtung.